Sozialgefüge


Für viele von uns war der Garten Identifikationsobjekt.
Wir waren sehr stolz darauf.
Auch diejenigen, die keinen Beitrag dazu geleistet hatten
und sogar die, die meine Beiträge regelmäßig torpediert haben.
Nicht jeder hat so eine schöne Umbegung.

Der Garten war Treffpunkt und Ort zum gegenseitigen Kennenlernen.
Man grüßte, man stellte sich gegenseitig vor.
Neue Mieter fanden sehr schnell Anschluß.

Selbst im Sommer 2016, als einige Studenten und ich noch versuchten,
im Rahmen der Organisation des Siedlungsausschusses in Gestalt von Frau SB
den Garten mit vereintem Einsatz zu erhalten, war das noch gegeben.
Auch dank der Kinder, die ihn nutzten.

Mit der Veröffentlichung von SB's Arbeitsplan, der nicht absprachegemäß war
und noch weniger Möglichkeiten bot, den Garten zu erhalten
erstarben die Aktivitäten im September 2016
Ich zog mich zurück, der Rasen starb unter dem Laub der Kastanie,
Grüns beseitigten dann beides.

Irgendwann kam die Meldung daß sich ET umgebracht hat.
Bei allem Bedauern war ich doch mehr als erleichtert, nicht mehr von ihm beobachtet zu werden.
Im Winter war Ruhe und das letzte Laub lag weiter bis in den Januar.

Die notwendigen Arbeiten im Garten blieben liegen.
Niemand interessierte sich dafür.
Im Februar schnitt ich den Lavendel und im März nahm ich die Winterverpackung von den Canna ab.
Möglicherweise würde sich ja der Siedlungsausschuß später noch dafür interessieren.

Meine Hosta standen im Garten von UH und HK.
Dort kam es zu einem Diebstahl, also verbesserte ich den Zaun und verschloß den Garten.
Anfang April knallte hinter mir ein 1,7 KG schwerer Steinbrocken auf das Hofpflaster
und HK verlangte plötzlich, daß ich meine Hosta aus seinem Garten nehme.

Was dann folgte, war in erster Linie sehr viel Arbeit für mich,
das bei völliger Abwesenheit aller anderen Mieter und schwerer Bronchitis
und als die Kinder wieder auf den Plan traten gab es sofort Beschwerden von Frau SB

Seitdem herrscht Totenstille, der Müll wächst aus allen Fugen,
die Kinder passen nicht mehr auf und sauen herum.
Keine Begegnungen, kein geselliger Aufenthalt, kein garnichts.
Die Bänke sind so dreckig, daß man sich nicht hinsetzen mag.
Wenn nicht gerade alles verdorrt, wuchert das Unkraut.
Die Großgehölze sind dünn und zu lang. Zu spät und zu falsch geschnitten, nichts angepflockt.
Was nicht will, jätet SB, dann sieht alles wieder gut aus, so als hätte es nie etwas gegeben.

Die Menschen hier haben eine großartige Kontaktmöglichkeit verloren
und viele haben sie nicht verlagern können, sondern sitzen jetzt alleine zu Hause.
Wer die Beete sieht, macht ein trauriges Gesicht. Früher hat man gelächelt und gestaunt.

Was mich persönlich betrifft, die ich ja zu allen Mietern Kontakt hatte -
teilweise sogar recht guten - der Kreis ist wesentlich kleiner geworden.
Viele konnten dem ganzen Treiben aus Unfähigkeit nichts entgegensetzen,
einige wären dazu zwar in der Lage gewesen,
hielten sich aber für derartig schlau, daß sie nicht wirksam wurden
und ganz viele sind einfach eingeknickt.
Ich hatte um Unterstützung gebeten, aber die ist nicht gekommen.
Einige schämen sich dafür und haben mir das entschuldigend auch gesagt.
Viele finden den Vorgang einfach krank und werden sich hüten, sich in Zukunft einzubringen.
Andere ducken sich weiter weg oder flüchten sich in eine phantastische Überheblichkeit,
prunken auf Arbeitsplänen, aber tun nichts ohne zu meckern
und sich wie ihre neunjährige Tochter zu benehmen.

Dem harmonischen Miteinander hat die ganze Geschichte jedenfalls nicht weitergeholfen
und die Gartentreffen der Genossenschaft sind erstaunlich dünn.





© 2017 by mrsmeier